Nordsachsen. Zum ersten Mal seit es das Bildungs- und Teilhabepaket gibt – es wurde 2011 eingeführt – ist dieses mit Wirkung ab 1. August dieses Jahres grundlegend reformiert und aktualisiert worden. Wir sprachen mit Christine Gesch, Sachgebietsleiterin des Sozialamtes im Landkreis Nordsachsen, über die Neuerungen.
SWB: Wer hat überhaupt Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes?
Christine Gesch: Ein Anspruch auf Bildungsleistungen besteht für alle Schüler bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die eine allgemeine oder berufsbildende Ausbildung absolvieren und keine Vergütung dafür erhalten. Auch Kindergartenkinder haben Anspruch, aber nur auf einen Teil der Bildungsleistungen. Die Teilhabeleistungen wiederum können alle berechtigten Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr erhalten.
Was ist nun konkret neu nach der Aktualisierung des Paketes dank des Starke-Familien-Gesetzes?
Die Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe müssen keinen zusätzlichen Antrag mehr stellen. Reichen sie einen Antrag auf ALG II oder Sozialhilfe ein, gilt das Bildungs- und Teilhabepaket automatisch als beantragt.
Eine bürokratische Vereinfachung also. Sind die Leistungen auch aufgestockt worden?
Das sind sie tatsächlich. Der Betrag für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf zum Beispiel wurde von bisher 100 auf jetzt 150 Euro erhöht, um den Kindern eine angemessene Schulausstattung zu ermöglichen. Bisher mussten die Eltern einen Eigenanteil zur gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung und für die Schülerbeförderung übernehmen. Dieser entfällt jetzt. Dadurch haben künftig alle berechtigten Kinder Anspruch auf ein kostenloses Mittagessen in Schule, Hort und Kita sowie auf eine kostenlose Fahrkarte für den ÖPNV zur Schule.
Was ist mit dem Betrag für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben?
Auch der wurde angehoben von bisher 10 auf künftig 15 Euro monatlich. Damit kann zum Beispiel eine Mitgliedschaft im Sportverein, der Musikschule, aber auch ein Museumsbesuch finanziert werden. Angespart lässt sich unter Umständen sogar ein Ferienlager-aufenthalt – zumindest teilweise – damit bezahlen.
Noch einmal zurück zur Schule. Hat sich am Anspruch auf Lernförderung beziehungsweise Nachhilfe etwas verändert?
Ja, denn der besteht in Zukunft auch dann, wenn nicht unmittelbar eine Versetzungsgefährdung vorliegt.
Welches Ziel wird damit verfolgt?
Es geht grundsätzlich darum, den Kindern zu ermöglich, die wesentlichen Lernziele der entsprechenden Klassenstufe zu erreichen, also mindestens mit Note vier abzuschließen. Ist dies in Gefahr, kann ein Antrag auf Lernförderung gestellt werden. Unverändert bleibt der Anspruch auf volle Kostenübernahme für Ausflüge und Klassenfahrten von Schulen, Kitas und Horteinrichtungen.
Weshalb hat sich die Bundesregierung nach inzwischen acht Jahren jetzt für die Nachbesserungen entschieden?
Ziel ist es, so viele Kinder wie möglich von diesen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes profitieren zu lassen und damit zu verhindern, dass sie aus finanziellen Gründen nicht die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben wie Kinder aus finanziell besser gestellten Familien. Bisher war vielen Eltern der bürokratische Aufwand zu hoch, sodass leider ein großer Teil der berechtigten Kinder außen vor blieb. Dies soll sich jetzt ändern!