Klitzschen Die Dachdecker der Firma Haufe sind mittlerweile abgerückt. Die Sanierung des ehemaligen Klitzschener Ritterguts ist um ein Kapitel reicher und Jens Grube (37) erleichtert. Seit 2020 baut dieser mit seiner Lebensgefährtin in und an dem unter Denkmalschutz stehenden Bauwerk. Große Unterstützung gibt es dabei auch von Vater Winfried aus Welsau. Das Obergeschoss mit seinen sieben Zimmern ist bereits bewohnbar. Das Erdgeschoss ist vielfach noch Baustelle.
Durch Zufall entdeckt
Grube war durch Zufall im Internet auf die Immobilie aufmerksam geworden, die zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben war. 380 Quadratmeter Wohnfläche klangen verlockend. Doch der Sanierungsstau war enorm. Ob marodes Dach, bröckelige Fassade oder vor allem die undichten Fenster - der gelernte Industriemechaniker und Abwehrrecke bei der Hartenfels-Reserve aus Torgau musste ganz genau rechnen, damit der Lebenstraum nicht in einem finanziellen Chaos endet.
Noch dauern die Arbeiten an. Grube schätzt, dass gut und gerne schon eine sechsstellige Summe in den Ausbau des altehrwürdigen Gebäudes geflossen ist. Ganz zu schweigen von der eigenen Muskelkraft. Sein Ziel ist es, die Fertigstellung noch in diesem Jahr über die Bühne zu bekommen. Dabei sei neben dem permanenten Blick auf die Finanzen auch ein guter Bauablaufplan notwendig. Probleme mit zu vollen Auftragsbüchern der Handwerker oder Materialmangel habe er bislang nicht gehabt. "Zum Glück", betont der Klitzschener, der immer schon auf der Suche nach einem großen Gehöft gewesen sei. Dass es aber ein derart geschichtsträchtiges Gebäude sein würde, hatte er nicht geahnt.
Wechselvolle Geschichte
"Vieles spricht dafür, dass an der Stelle des Klitzschener Rittergutes einst eine sorbische Wallburg existierte", erläuterte Ortschronist Eckhard Baumbach. Der Wallgraben, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg verfüllt wurde, sei auf historischen Karten eingezeichnet. "Die Wallburg und der an gleicher Stelle entstanden herrschaftliche Rittersitz waren nur von der Dorfseite aus auf einem befestigten Weg erreichbar. Die drei anderen Seiten waren durch ein sumpfiges und tiefgründiges Quellgebiet vor unliebsamen Überfällen geschützt", erläuterte Baumbach.
Mit der deutschen Eroberung des Gebiets wurde anstelle der Slawenburg ein deutscher Rittersitz gegründet, welcher bis zu seiner Auflösung Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 900 Jahre unter der Lehnsherrschaft der sächsischen Herzöge und Kurfürsten stand. Herren auf Klitzschen waren nach Angabe Baumbachs unter anderem Johann von Mergenthal, kursächsischer Kanzler und Sachsens erster Rentmeister (Finanzminister), Sebastian von Mistelbach, Amthauptmann in Grimma und Hofmarschall am sächsischen Hof oder auch Gustav von Wietersheim. Dieser nahm als sächsischer Offizier an Napoleons Kriegszug 1812 gegen Russland teil.
Im 20. Jahrhundert entwickelte sich das Rittergut zu einem landwirtschaftlichen Großbetrieb, der 1945 im Zuge der Bodenreform enteignet wurde. Nach 1945 dienten die Wohngebäude des Gutes als Wohnungen für zahlreiche Flüchtlingsfamilien aus Schlesien. Später waren hier Kindergarten, Grundschule und das Gemeindeamt untergebracht. Der ältere Teil des Rittergutes wurde 1980 bis auf die Grundmauern abgerissen. Der jüngere, noch heute erhaltene Gebäudeteil, erfuhr nach 1990 verschiedene private Nutzungen.