Es war ein Wiedersehen, dass ihm und der Vorstandsvorsitzenden des Trägervereins gleichermaßen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Da bin ich, endlich“, herzte Gauck, dessen 2015er Besuchsversuch noch kurzfristig abgeblasen worden war.
Vielleicht auch deswegen nahm er sich bei einem Rundgang durch die Dauerausstellung reichlich Zeit. Gabriele Beyler nutzte dabei die Möglichkeit, neben reichlich Erklärungen zum Inhalt der Ausstellung die Arbeit des 1996 gegründeten Trägervereins der Gedenkstätte zu würdigen. „Wir haben in Torgau sehr viel erreicht“, sagte sie. Die Gedenkstätte habe einen entscheidenden Beitrag dafür geleistet, dass auch den DDR-Heimkindern als jüngste Opfer des SED-Regimes Anerkennung zuteil wurde.
Einen besonderen Dank richtete Beyler in diesem Zusammenhang an Manfred Kolbe, der im Ringen um eine institutionelle Förderung der Gedenkstätte viel bewegt habe. Gauck selbst war der Geschlossene Jugendwerkhof Torgau durch seine Kirchen- und Jugendarbeit in der ehemaligen DDR natürlich ein Thema.
Mittlerweile verzeichnet die Torgauer Einrichtung – einst Disziplinierungsanstalt der Jugendhilfe, die direkt dem Ministerium für Volksbildung und damit Margot Honecker unterstand – aus allen Ecken der Bundesrepublik Nachfragen im Bereich der Bildungsarbeit. Allein im vergangenen Jahr wurden 276 Besuchergruppen gezählt – ein Großteil davon aus Schulen und Universitäten.
Nicht von ungefähr kam Joachim Gauck deswegen auch im Dachgeschoss mit Elftklässler des BSZ Grimma ins Gespräch. Die Schüler beschäftigen sich seit Montag mit Hilfe des Storytellingportals www.grenzgeschichten.net mit Schicksalen von Betroffenen der repressiven DDR-Heimerziehung. Durch Gespräche mit Zeitzeugen, durch das Studium der Ausstellung der Gedenkstätte und im Umgang mit Archivmaterial entstehen so eigene multimediale Erzählungen über die Formen der sozialistischen Erziehung und deren Folgen für den Einzelnen.
Mit Gauck sprachen die Schüler unter anderem über Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Obgleich der Bundespräsident a.D. der Politik dabei viel Positives zugestand, ändere dies doch nichts daran, dass vielfach der einzelne Bürger über all die Repressionen den Mantel positiver Erinnerungen lege. „Eure Aufgabe ist es, euch eine eigene Meinung zu bilden“, gab er den Gymnasiasten mit auf den Weg. Mit Blick auf die Gedenkstätte sei es wichtig, dass die Erinnerungen an die nächste Generation weitergereicht würden.