Kaum hat sich der Schnee vom eingezäunten Baufeld verabschiedet, rollte in Liebersee schwere Technik an: Seit wenigen Tagen sind die Mitarbeiter der Firma Rabe Bau aus Dautzschen damit beschäftigt, den Baugrund für eine Millioneninvestition der AGC Interpane Group zu ebnen. Der Flachglas- und Isolierglashersteller will hier eine neue Zuschnitthalle errichten.
Seit mehr als fünf Jahren befasst sich Interpane mit dem Bauvorhaben. Stapelweise gingen Anträge und überarbeitete Anträge über die Tische von Stadtrat und Bauordnungsamt. Nachdem die Teilbaugenehmigung des Landratsamtes Anfang des Jahres erteilt worden war, konnten nun die ersten Arbeiten beginnen.
Millionenprojekt
Mehrere Millionen Euro investiert Interpane in den Werksausbau und die neue Halle, die zwischen dem bisherigen Gebäudebestand und einem Photovoltaikfeld emporwachsen soll. Geht alles nach Plan, könnte bereits im Sommer mit der Technikbestückung begonnen werden. Erstmals waren die überarbeiteten Pläne während des Besuchs des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer im Mai 2019 öffentlich vorgestellt worden.
Die Halle, in der neueste Technik eines deutschen Maschinenbauers zum Einsatz kommt, weist künftig einen hohen Automatisierungsgrad auf. Sie misst 50 mal 44 Meter. Das Dach befindet sich etwa 10 Meter über dem Boden. Sie bietet dem Unternehmen eine dreifache Lagerkapazität mit mehr als 1300 Tonnen veredeltem Sicherheitsglas. In der Halle soll nach Angabe Sebastian Schmidts künftig bis zu sechs Meter langes Verbundsicherheitsglas mit neuester Technik geschnitten werden können. Bisher kam Interpane am Standort in Liebersee auf „nur“ 4,50 Meter. Doch für Schmidt und seine Belegschaft war jene Grenze ein großes Handicap. Ob Vorzeigeobjekte wie Wolkenkratzer in London, die gläserne Manufaktur in Dresden, der Flughafen Frankfurt oder die SPIEGEL-Hauptverwaltung am Hamburger Hafen – im Objektbau werden die Ansprüche an Komplexität und Qualität immer größer. Bislang musste man in Liebersee hier und dort auf das Knowhow anderer Standorte des Unternehmensverbunds zurückgreifen. Das soll mit der Inbetriebnahme der neuen Halle und dem zeitgleichen Aufbau einer Fertigung für Brandschutzglas am Standort Wipperfürth ein Ende haben.
Mehr Mitarbeiter
Schmidt spricht von einer langfristigen Stärkung des Standorts Liebersee durch jene Investition. Noch immer sei man damit beschäftigt, im Zuge der kommenden Halle den Mitarbeiterstamm auf etwa 115 hochzuschrauben. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen auf hervorragende Zahlen verweisen. Grund genug, die Mitarbeiter unter anderem mit dem Premium-Abo-Angebot eines Jobtickets im MDV-Verkehrsverbund zu überraschen (die TZ berichtete bereits). Selbst Berufspendler Schmidt nutzt dieses mittlerweile, wenn er per Zug in Torgau ankommt und von dort in den Bus nach Liebersee umsteigt. Gemeinsam mit dem MDV wurde vor dem Werkstor eine Bushaltestelle eingerichtet, die künftig sogar über eine vom Unternehmen gesponserte gläserne Bushaltestelle verfügen soll. Erste Entwurfsplanungen dazu liegen nach Angabe Schmidts bereits auf dem Tisch. Derzeit seien die Prüfstatiker gefragt.